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Motivation!

Motivation – Geduld, Wissen und ein Hauch Wahnsinn

Es ist doch immer wieder interessant, sich mit Menschen über das Thema „Motivation“ zu unterhalten.
„Warum machst du das? Wieso quälst du dich? Macht das überhaupt Spaß?!“
Die Gründe, die einen motivieren, an seine Grenzen zu gehen, sind mannigfaltig und verschieden, ein richtig oder falsch liegt immer im Auge des Betrachters und doch gibt es keinen Weg, keine Motivation, die für jeden/jede funktioniert.
Ich für meinen Teil erwische mich immer wieder dabei, dass ich trainiere, ohne wirklich zu wissen warum. Oder doch nicht?
„Ok, gestern waren Beine dran, heute gehen Beine also nicht. Lieber Brust oder Rücken?“, scheint dabei die einzige Komponente zu sein, die mich interessiert. Doch ist das so?
Um ehrlich zu sein ist Sportmachen die schönste Selbsttherapie, die ich bisher hatte.
Negative Gedanken, Alltagsstress, schlechte Laune oder körperliche Gebrechen kann ich durch eine konzentrierte Session vergessen machen.
Dabei habe ich nicht den Anspruch, mich jedes Mal signifikant zu verbessern oder mich überproportional zu steigern. Ich will einfach etwas machen, mich und meinen Körper spüren und dabei den Alltag und Sorgen für eine gewisse Zeit vergessen.
Mir ist im Zuge dessen aufgefallen, wie verbissen und teilweise sogar passiv-aggressiv ich mit meinen Trainingspartnern umgehe. Für mich ist die Zeit des Trainierens fast heilig, ich nehme keine Anrufe entgegen, schreibe so gut wie mit niemandem in den sozialen Medien und versuche so konsequent wie möglich „am Ball“ zu bleiben.
Zudem komme ich aus einem sehr sportlichen Haushalt: Mein kleiner Bruder, jahrelang und bis heute, ein sehr guter Fußballspieler, sportvernarrter Fitnessstudiogänger und sehr guter Läufer.
Mein Vater, der fitteste Ü50er den ich kenne, mit zahlreichen Aktionen, die jeden, den ich kenne (mich eingeschlossen), verwundert am Kopf kratzen lässt.
Oder kennt ihr irgendjemanden, der den Neckarsteig (130km, 3200 Höhenmeter) am Stück gelaufen ist? Und das in 33h und 10min? Der mit dem international erfolgreichen Boxer Arthur Mann 60km Cardio-Training macht und am nächsten Tag trainieren geht, als ob nichts gewesen wäre?
Nein? Ich auch nicht.
Solche Einflüsse motivieren mich, an mir und meinen Grenzen zu arbeiten.
Als wir vor über einem Jahr mit Sport angefangen hatten, konnte ich keine zehn Liegestützen am Stück, keine ordentliche Kniebeuge, keinen Klimmzug und keine 3km am Stück joggen, ohne körperliche und geistige Ausfallerscheinungen zu haben.
Ich war nicht fit, nicht gesund und nicht glücklich.
Bis zu einem gewissen Grad habe ich mich für mich und meine Unsportlichkeit geschämt.
Nicht jemand anderem gegenüber, sondern vor mir selbst und meiner Genügsamkeit, meiner Faulheit und meiner Ignoranz.
Jahrelang habe ich Fußball im Verein gespielt, Karate gemacht, Basketball gespielt, bin geschwommen und hatte den Anspruch an mich, in den Sportarten, die ich betrieb, gut zu sein.
Doch mit den Jahren verlor dieser Anspruch immer mehr seine Daseinsberechtigung. Ich ließ mich gehen, wog am Ende 87kg bei einer Körpergrüße von 171cm. Prinzipiell nichts Schlimmes, wenn man sich damit wohl fühlt. Es geht mir nicht darum, Bodyshaming zu betreiben oder jemand anderen in seinem Lifestyle und seinem Sein zu kritisieren, es geht darum zu verstehen, woher ich komme und was mich motiviert hatte, etwas anders als bisher zu machen.
Zum Glück hatte ich mit Ralf jemanden gefunden, der genauso unzufrieden mit sich und seiner körperlichen wie geistigen Entwicklung war wie ich.
Gemeinsam machten wir uns auf dem Weg, um zu verstehen, was wir verändern können, wie wir uns verändern und verbessern können. Gemeinsam probierten wir Vieles aus und pushten uns gegenseitig.
Trainierten und lernten, unser Ego beiseite zu schieben. Lernten, dass kontinuierliche Arbeit und Geduld sinnvoller sind als impulsives Handeln und kopfloses Geballer. Kritisierten und korrigierten unsere Ausführungen und Ideen zum Trainieren, schrien uns gegenseitig an und selbst die ein oder andere Träne des Schmerzes und der Erschöpfung teilten wir. Wir diskutierten über Trainingspläne, über richtige Ausführungen bei komplexeren Übungen und setzten uns nach jeder Session bei einer Tasse Kaffee zusammen um zu evaluieren, was wir beim nächsten Mal besser machen können.
Heute weiß ich, was mich motiviert, was mich dazu bringt, jedes Mal alles zu geben.
Mat Fraser, CrossFit-Athlet und fittester Mann der Welt 2017, 2018 und 2019, beschreibt es wie folgt: „Ich lernte, dass wenn ich im Training 110% gebe, ich nach 20 Minuten wieder genau so klar in meinem Kopf und erholt war, wie wenn ich nur 80% geben würde. Also stellte ich mir die Frage: Wieso gebe ich nicht jedes Mal 110%?!“
Dass ich mich nicht mit einem der fittesten Menschen aller Zeiten vergleichen möchte oder kann, liegt auf der Hand. Viel mehr geht es um das Mindset, jedes Mal alles zu geben. Weh tut es jedes Mal, anstrengend ist es sowieso. Aber wenn ich für mich einen Weg finden kann, das bestmögliche „Preis/Leistungsverhältnis“ zu generieren, könnte doch auch ich diesen Ansatz angehen.

„Hard work pays off“ und noch nie wurde mir diese Weisheit klarer vor Augen geführt wie in den letzten Wochen und Monaten.
Ob Kreuzheben, Liegestützen, Dips oder Klimmzüge – alle Übungen kann ich mittlerweile in unser Training integrieren, ohne etwas zu skalieren oder verändern zu müssen, weil ich es von meiner Mobilität, meiner Stärke oder meiner Technik her kann.
Jahrelang war es klar, dass ich der unfitteste Mann im elterlichen Haushalt bin. Innerhalb von einem Jahr wäre ich mir da nicht mehr so sicher, aber darum geht es ja nicht.
Schlussendlich ist es interessant zu sehen, dass der innere Schweinehund nur von einem selbst bekämpft und besiegt werden kann. Kein Trainer, kein Partner und keine schlauen Dokus bekommen deinen Arsch hoch, keine extrinsische Motivation kann dich so sehr pushen wie das, was aus deinem Innersten kommt.
Für mich ist es mittlerweile klar, dass ich noch sehr lange, bestenfalls mein Leben lang, auf dieser Reise sein werde, die fitteste und stärkste Version meiner selbst zu generieren. Besser, stärker und gesünder als gestern zu werden. Mit Rückschlägen und Problemen, mit Zeitmangel und Sorgen kämpfend, aber immer das große Bild vor Augen habend, dass ich nie ausgelernt haben kann und immer etwas finden werde, was ich an mir und meinem Sein verbessern möchte.
Das ist Motivation für mich. Das ist der Grund, warum ich mich jede Woche quäle, schwitze und so hart wie nie zuvor an mir arbeite. Und das alles ohne jemand anderen, der mich dazu zwingen oder überreden muss. Daher auch „The Honey Badger Collective“, ein Kollektiv, welchem klar ist, dass es nicht um das „ob“ geht, sondern vor allem um das „wie“ und „wann“.
Geduld, Wissen und ein Hauch von Wahnsinn. Das ist es, was mich antreibt in dem Wissen, jedes Mal an meine Grenzen zu gehen und jedes Mal ein wenig mehr diese Grenzen zu verschieben.

April 2019, Achensee. Der Beginn einer (inneren) Reise.

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